5 Ob 166/24h: Keine Prüfung von Wertsicherungsklauseln im Außerstreitverfahren
- office71102
- 1. Juli
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Aktualisiert: 10. Juli
In der Entscheidung 5 Ob 166/24h vom 02.04.2025 hat der OGH die Kognitionsbefugnis des Außerstreitrichters für die Prüfung von Wertsicherungsklauseln nach allgemeinem Zivilrecht (etwa wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des KSchG) verneint. Vielmehr ist dies dem streitigen Rechtsweg vorbehalten, und nicht dem Mietzinsüberprüfungsverfahren nach § 16 MRG.
Mietzinsüberprüfung im Außerstreitverfahren nach § 16 MRG
Im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes unterliegt der Mietzins besonderen Mietzinsbildungsvorschriften, die in § 16 MRG geregelt sind. Je nach Größe, Vermietungszweck und Ausstattungskategorie des Bestandsobjekts kann entweder der angemessene Hauptmietzins (§ 16 Abs 1 MRG), der Richtwertmietzins (§ 16 Abs 2 MRG) oder der Kategoriemietzins (§ 16 Abs 5 MRG) zur Anwendung gelangen.
Die Überprüfung der Angemessenheit (im Sinne von "Zulässigkeit") des vereinbarten Mietzinses hat der Gesetzgeber gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG in das Außerstreitverfahren verwiesen. In Wien (und einigen anderen größeren Gemeinden) ist dem Außerstreitverfahren das Verfahren bei der Schlichtungsstelle (Magistrat der Stadt Wien, MA 50) vorgeschaltet. Prüfungsgegenstand im Außerstreitverfahren ist somit die Frage, ob die gesetzlichen Mietzinsbildungsvorschriften eingehalten wurden und zielt der Antrag auf die Feststellung des höchstzulässigen Mietzinses ab.
Judikatur zu Wertsicherungsklauseln im Verbrauchermietvertrag
Der OGH hat in den letzten Jahren eine reichhaltige Rechtsprechung in Verbandsverfahren entwickelt, welche Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen betrafen. Erfolgreich beanstandet wurde etwa, dass Wertsicherungsklauseln nur eine Erhöhung, nicht aber eine Reduktion des VPI berücksichtigten (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG), dass eine Erhöhung auch in den ersten zwei Monaten ab Vertragsabschluss möglich war (§ 6 Abs 2 Z 4 KSchG) oder dass die Klausel an sich intransparent abgefasst war (§ 6 Abs 3 KSchG). Nun kann die Judikatur in Verbandsprozessen nicht "eins zu eins" auf Individualverfahren umgelegt werden, zumal in Verbandsprozessen der Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung gilt, somit weder der hypothetische Wille der Vertragsparteien, noch eine ergänzende Vertragsauslegung herangezogen werden kann. Dennoch wird auch in Individualprozessen vermehrt versucht, die Unwirksamkeit von Wertsicherungsklauseln geltend zu machen und ist aufgrund der Klausel-RL auch in Individualprozessen ein Füllen von Vertragslücken, die durch eine missbräuchliche Klausel entstanden sind, nicht ohne Weiteres möglich.
Zur Unzulässigkeit der Überprüfung von Wertsicherungsklauseln im Außerstreitverfahren
Bei Mietzinsüberprüfungsverfahren nach § 16 MRG hat der OGH allerdings nunmehr in der Entscheidung 5 Ob 166/24h ausgesprochen, dass die relative Nichtigkeit einer Wertsicherungsvereinbarung aufgrund allgemein-zivilrechtlicher Bestimmungen (etwa wegen Verstoßes gegen § 879 ABGB oder § 6 KSchG) im Außerstreitverfahren nicht geltend gemacht werden kann. Das Rekursgericht zu der genannten Entscheidung hatte die Klausel noch einer inhaltlichen Prüfung unterzogen und deren Wirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verneint. Dies sah der OGH als Überschreitung der Kognitionsbefugnis des Außerstreitrichters. Der Außerstreitrichter ist als Vorfrage für die Beurteilung der Mietzinsüberschreitung lediglich befugt, zu überprüfen, welche Mietzinsvereinbarung überhaupt getroffen wurde und ob eine Wertsicherungsvereinbarung (als Teil des Mietzinses) vorliegt. Eine gewisse Prüfung von Vorfragen der Mietzinsvereinbarung lässt sich nämlich auch im Außerstreitverfahren nicht vermeiden (RIS-Justiz RS006953). Alle darüber hinausgehenden Fragen, der Mietzinsvereinbarung oder der Wertsicherungsvereinbarung, insbesondere deren Auslegung, sind allerdings dem streitigen Verfahren vorbehalten.
Der OGH hatte damit eine grundlegende Problematik, nämlich die Abgrenzung zwischen streitigem und außerstreitigem Verfahren im Hinblick auf die Gültigkeit des Mietzinses zu beurteilen. Der Lösungsansatz des OGH ist durch die Systematik des Gesetzes gedeckt. Im Außerstreitverfahren sind typischerweise Sachverhalte auf Grundlage des Gesetzes (und selten aufgrund von Vereinbarungen der Parteien) zu beurteilen, so auch hier die Einhaltung von gesetzlichen Mietzinsbildungsvorschriften nach § 16 MRG. Soweit es um die Auslegung bzw. Beurteilung der Gültigkeit von Vereinbarungen geht, ist dies dem streitigen Verfahren vorbehalten.
